Auf der Suche nach neuen Ideen und Lösungen zu einer zuvor definierten Problemstellung sehen sich Teams generell zwei unterschiedlichen Herausforderungen ausgesetzt. Zuerst müssen in einem kreativen Prozess neue Ideen erzeugt werden. Im Anschluss ist dann die beste Idee auszuwählen. Mit der Anzahl an erzeugten Ideen steigt nicht nur die Wahrscheinlichkeit, dass sich darunter die passende Idee befindet, sondern auch der Aufwand diese von den anderen Ideen abzugrenzen und zu bewerten. Das hängt vor allem damit zusammen, dass es sehr schwierig ist die Qualität einer Idee zu messen, geschweige denn einen Konsens im Team über die Definition von Qualität zu finden.
Hierzu haben sich natürlich schon einige exzellente Wissenschaftler Gedanken gemacht, wie zum Beispiel Rui Santo, welcher die Qualität neuer Ideen am persönlichen Nutzen für die Anwender misst. Dies kann bei Prozessverbesserungen oder neuen Vertriebswegen aber schnell etwas diffus werden, zumal neue Ideen ja meist mit einer Menge an Unsicherheiten verbunden sind. Das lässt einen dann doch in vielen Fällen mit einem etwas unguten Gefühl zurück. C. Terwiesch und K. Ulrich von der University of Pennsylvania hatten sich ebenfalls mit der Qualität von Ideen befasst und hierfür eine webbasierte Anwendung herangezogen, welche zu jeder Idee Bewertungen sammelt und zudem Kaufabsichtserklärungen von potentiellen Kunden miteinbezieht. Für Prozessverbesserungen ist auch dieser Ansatz wieder schwierig und gerade im Mittelstand stößt ein solches Vorgehen aufgrund des enormen Aufwandes auf wenig Gegenliebe. Dass es nach wie vor eine große Herausforderung ist, die Qualität von Ideen einheitlich zu bestimmen, ist damit wenig überraschend auch eine der Hauptaussagen dieser Studien.
Trotzdem ergeben sich aus diesen Untersuchungen eine Reihe interessanter Erkenntnisse, welche durchaus beachtenswert sind. So verglichen C. Terwiesch und K. Ulrich die Qualität von Ideen, welche gemeinsam im Team (zum Beispiel beim Brainstorming) entstanden sind und Ideen, welche sich die Personen zuerst alleine überlegt hatten und anschließend im Team bewertet wurden. Dabei fanden sie heraus, dass Einzelpersonen in Summe dreimal mehr Ideen erzeugen, als dieselben Personen im Team zur selben Zeit am selben Ort. Sowohl die durchschnittliche Qualität der Ideen als auch die Qualität der besten erzeugten Idee war bei den Einzelpersonen in Summe höher als beim Brainstorming. Dies liegt mitunter daran, dass sich die im Team erzeugten Ideen stark ähneln.
Teams auf der Suche nach neuen Ideen sollten also auf klassische Brainstorming Einheiten verzichten und stattdessen die Ideen über einen längeren Zeitraum von den einzelnen Personen an einem zentralen Ort wie beispielsweise einer Ideenmanagement Software sammeln. Dies bietet zudem den Vorteil, dass die Ideen durch alle Mitarbeiter zeitlich flexibel kommentiert und bewertet werden können.
Unter den so entstandenen Ideen gilt es also nun diejenigen zu finden, welche durch ihre Umsetzung den größten Mehrwert für das Team / das Unternehmen / die Kunden / die Umwelt etc. bieten. Durch den längeren Ideenfindungsprozess werden einige der vorhandenen Ideen mit der Zeit obsolet oder mit anderen Ideen vereinigt, so dass sich die zu betrachtende Anzahl von alleine verringert.
Für die Bewertung der verbliebenen Ideen gibt es kein Richtig oder Falsch, diese kann auch anhand sehr naheliegender Kriterien getroffen werden. Diese könnten zum Beispiel das Interesse der Teammitglieder, ein Punktesystem oder eine Abstimmung sein. In jedem Fall sollten Überlegungen zur technischen Umsetzbarkeit, dem Marktpotential, möglichen Kosteneinsparungen sowie dem allgemeinen Nutzen eine Rolle spielen. Mit Hilfe dieser Kriterien sollte sich die Anzahl der Ideen auf nicht mehr als fünf beschränken lassen.
Bei diesen verbliebenen Ideen ist es nun am wichtigsten, dass alle Teammitglieder dasselbe Verständnis der Idee haben und diese auch kritisch hinterfragen können. Dies erreichen sie sehr einfach, indem sie die Ideen durch kleine, nichtfunktionale Prototypen veranschaulichen. Bauen sie aus Büromaterial ein kleines Modell, welches die Idee beschreibt. Dies hilft nicht nur bei der Beschreibung der Idee, die Visualisierung sorgt zudem dafür, dass das Team ein maximales Verständnis der Idee bekommt und so auch weniger offensichtliche Fragen aufspürt. Bei Bedarf können auf Grundlage dieser Erkenntnisse auch weitere Marktstudien oder Testphasen durchgeführt werden. All diese Ergebnisse zusammen genommen bilden eine solide Basis für das Team um über die Umsetzung einer Idee abzustimmen.
Am Ende muss ein Team von einer Idee überzeugt sein. Wenn es das nicht ist, ist die Idee in diesem Team chancenlos, egal wie gut die Qualität der Idee auch sein mag.
Hinweis
- Dieser Beitrag erschien auch auf dem Innovator’s Guide Switzerland – http://innovators-guide.ch/2017/02/im-team-gute-ideen-finden-und-bewerten/
Quellen
- Girotra, Karan, Christian Terwiesch, and Karl T. Ulrich. „Idea generation and the quality of the best idea.“ Management science 56.4 (2010): 591-605
- Rui Santo. „The Gordian Knot of Innovation: The Secret to Measuring Ideas“ http://galaxiacriativa.com.br (2014)